Der Beitrag geht der Frage nach, welche Rolle künstlerisch-kulturelles Wissen in der deutschsprachigen Prager Frauen-Zeitung (Beilage der [Deutschen Zeitung] Bohemia) und der tschechischsprachigen Frauenzeitschrift Ženský svět (Frauenwelt) gespielt hat. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse von ausgewählten Ausgaben soll untersucht werden, welches (Kultur-)Wissen wie von wem in diesen Medien verhandelt wurde und welche Funktionen dieses für die (vorwiegend) weibliche Prager Öffentlichkeit hatte.
Beide Medien intendierten, den (Prager) Frauen als Unterhaltungs- und Bildungsmedien, als Informationsblatt und (häuslicher) Ratgeber zu dienen. Das Ziel, Wissen über Kunst und Kultur zu vermitteln, verfolgten sie grundsätzlich beide – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – bedingt durch die jeweiligen strukturellen Rahmenbedingungen und die dahinterstehenden Akteur:innen. Bei dem künstlerisch-kulturellen Wissen wie es in der Prager Frauen-Zeitung und Ženský svět zu finden ist, handelt es sich um vermitteltes Wissen – also gewisse Explizierungen und Evaluationen –, das in unterschiedlichem Maße objektiviert und medial dokumentiert wird.
Während die Prager Frauen-Zeitung insbesondere kulturhistorisches Wissen sowie gesellschaftlich-kulturelles Handlungswissen vermittelte, und damit eine gewisse pädagogische Intention verfolgte, positionierte sich Ženský svět mit ihrem künstlerischen und kunsthistorischen Wissen mehr noch im zeitgenössischen Kunstdiskurs selbst. Die Bedeutungen und Funktionen des künstlerisch-kulturellen Wissens in diesen Frauenmedien waren dabei mannigfaltig. Neben der reinen Unterhaltung schufen sie natürlich ein Informationsangebot, das die Popularisierung von Wissen vorantrieb und im Sinne der Förderung von (Frauen-)Bildung eine pädagogische Funktion, die (auch) dem Aufbau einer gewissen Gesellschaft diente. Mit der Präsentation von Vorbildern eröffneten sie den Frauen neue Möglichkeitsräume und (Berufs-)Perspektiven. Sie galten als wichtige Akteurinnen bei der Vermittlung zwischen einem breiten (vorwiegend) weiblichen Publikum und dem Kunst- und Kulturbetrieb. Somit schufen sie einerseits eine eigene Plattform für Frauen und übernahmen andererseits eine Brückenfunktion zwischen unterschiedlichen Öffentlichkeiten. Insgesamt trugen sie wesentlich zur Demokratisierung von künstlerisch-kulturellem Wissen bei und ermöglichten so eine breite(re) Teilhabe am Kunstbetrieb. Dabei fokussierten beide Medien auf das künstlerische Schaffen der "eigenen" Community und folgten grundsätzlich einer (breiten) internationalen Ausrichtung bei gleichzeitiger Vernachlässigung der anderssprachigen Kulturszene. Insofern schufen sie nicht nur Möglichkeiten zur Teilhabe am Kunstbetrieb, sondern trugen zum Aufbau und Stärkung der Community bei.
Der Aufsatz basiert auf meinem Vortrag auf dem 3. Workshop für junge Wissenschaftler*innen „Wissens- und Wissenschaftsgeschichte in imperialen, nationalen und post-nationalen Kontexten“ der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission, Online, 16.-17.09.2021.
Magdalena Eriksröd-Burger: Künstlerisch-kulturelles Wissen in der Prager Frauenpresse um 1900. 25. September 2025. In: Portal der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historischen Kommission. Working Paper Series #5.
https://www.portal-historikerkommission.de/de/online-journal/kuenstlerisch-kulturelles-wissen-in-der-prager-frauenpresse-um-1900-8